Sigrid Neukirchen 90 Jahre alt
Vier Dinge sind wichtig, wenn es darum geht, ein hohes Alter zu erreichen. „Ernährung, Bewegung, die Gene und die Einstellung“, nennt Sigrid Neukirchen als wesentliche „Zutaten“, wenn sie auf das – gar nicht so geheime – Rezept angesprochen
wird. Sie selbst konnte mit diesem jetzt ihren 90.Geburtstag feiern, und zwar in einer geistigen wie körperlichen Fitness, die sich in diesem Alter nicht alle Tage finden. In Eschweiler geboren, zum Teil in Bremen aufgewachsen, hat sie den Großteil der vergangenen neun Jahrzehnte in Köln, zunächst in Wesseling und dann in Poll und in Weidenpesch, verbracht. Zu den Dingen, die sie heute vermisst, gehört nicht zuletzt der Blick auf den Rhein, von dem sie 30 Jahre lang nur fünf Minuten
entfernt gewohnt hat. In Rommerskirchen lebt Sigrid Neukirchen seit mittlerweile zehn Jahren – und hat sich gleich nach ihrer Ankunft nach einer sinnvollen Betätigung umgesehen. Die fand die gleich in der unmittelbaren Nachbarschaft des Nettesheimer Wegs in der Gillbachschule, wo sie sich fünf Jahre lang als „Leseoma“ engagiert hat, bis Corona hier für ein abruptes Ende sorgte. Das Gymnasium hatte sie einst verlassen müssen, weil das Schulgeld für ihre Eltern zu kostspielig wurde, da auch zwei ihrer vier Brüder es besuchten – Mädchen hatten in der damaligen Zeit da bekanntlich die schlechteren Karten.
Nach ihrer Heirat wurde sie Mutter zweier Söhne und einer Tochter. Später kamen Schwiegertöchter und Schwiegersohn hinzu, inzwischen ist Sigrid Neukirchen siebenfache Großmutter und dreifache Urgroßmutter.
Da ihr Mann als Mitarbeiter von Ford von Kurzarbeit betroffen war, musste sie unversehens berufstätig werden: U.a. hat sie Krawatten genäht und war als Putzkraft tätig, bis sich zeigte, dass sie auch den Anforderungen im Büro locker gerecht werden konnte.
Aus der vermeintlichen Notlösung, arbeiten zu gehen, wurden schließlich mehr als vier Jahrzehnte, bis sie ihr Berufsleben beim tra-ditionsreichen Schokoladenhersteller Stollwerck beendete.
Sport war und ist nach wie vor ihr großes Hobby, dem sie inzwischen 76 Jahre lang frönt. Aktuell ist sie vier Mal wöchentlich ak-tiv, wobei sie im Center am Park etwas für die Muskulatur tut und einen Gymnastikkurs in der Turnhalle an der Venloer Straße besucht.
Regelmäßig besucht Sigrid Neukirchen den Seniorenkreis im Gemeindezentrum der evangelischen Kirche. Nach dem Rechten sieht bei ihr einer ihrer Enkel, der die SAH- Seniorenalltagshilfe in Rommerskirchen mitgegründet hat.
„In jedem Menschen erst mal etwas Gutes sehen“, ist so etwas wie ihre Lebensmaxime, an der Sigrid Neukirchen auch dann stets festgehalten hat, wenn diese sich einmal nicht bestätigt hat.
Bei derart ausgiebiger sportlicher Betätigung verwundert es nicht, dass sie auch im Fernsehen gern Sportsendungen anschaut: Angesichts der Brutalität geht Boxen zwar gar nicht, aber Eislauf und Wettbewerbe anderer olympische Disziplinen verfolgt sie ebenso regelmäßig wie die Fußball-Weltmeisterschaften: Das „Wunder von Bern“, das erste von einer deutschen Elf jemals gewonnene WM-Endspiel hat sie 1954 live am Radio verfolgt, was halt prägende Spuren hinterlassen hat.
Für ihre eigene Zukunft spielen indes die Olympischen Spiele 2040 eine wichtigere Rolle, zumal wenn diese in Deutschland stattfinden sollten: „Da will ich dann hin“, sagt sie lächelnd und keineswegs sonderlich „erschrocken“, dann 105 Jahre alt zu sein.
Zuspruch erhielt sie hier von Bürgermeister Dr. Martin Mertens, der darauf verwies, dass die älteste Einwohnerin, die jemals in Rommerskirchen gelebt habe, schließlich 107 Jahre alt geworden sei. „Ich bin zutiefst beeindruckt, in welch großartiger Verfassung Sigrid Neukirchen ist und wünsche ihr viele weitere Jahre in bester Gesundheit“, so der Rathauschef.
Mit Mertens will sie weiterhin in Kontakt bleiben, will dieser doch nach Möglichkeit Augen und Ohren aufhalten,. Ob sich nicht ein passendes – vorzugsweise soziales – Engagement für die überaus jung gebliebene Seniorin finden lässt.